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Meschede-Center. Eine unendliche Geschichte?

Im Januar titelte die Heimatzeitung „Baubeginn am Meschede-Center“. Pflastersteine wurden entfernt und rund um das Gebäude Bauzäune aufgestellt. Für das Zeitungsfoto packte Bürgermeister Hess mit an. Manch einer traute seinen Augen nicht, als am Winziger Platz ein kleiner Bagger anrückte und die Westfalenpost die zukünftigen Mieter auflistete. Tatsächlich schien die vermeintlich unendliche Geschichte des leerstehenden Kaufhauskomplexes ein Ende zu finden.

Hertie-Logo an der ehemaligen Kaufhaus-Filiale in Meschede

Vergangenes Wochenende war ich in der alten Heimat. Klar, dass ich mich selbst von den Baufortschritten überzeugen wollte. Viel zu sehen war allerdings nicht – außer dem mittlerweile gewohnten Anblick einer Fassade, die nicht nur in die Jahre gekommen ist, sondern allmählich auch stückchenweise dem Gesetz der Schwerkraft folgt. Kurzum: Ein Leerstand, der zum neuen aufgehübschten Teil der Innenstadt kontrastiert und sich zunehmend in einen Schandfleck verwandelt.

Davon gibt es in der Kreisstadt bereits einige, beispielsweise: Das alte Arbeitsamt an der Steinstraße, das Stiftscenter und in Zukunft möglicherweise auch – das ist zumindest zu befürchten – der Bahnhof. Doch um keine Dauer-Nichtbaustelle in Meschede ranken sich so viele Gerüchte und Behauptungen, als um die am Winziger Platz. Unter deren Dach im Übrigen die Mescheder Stadthalle residiert, die so ebenfalls vom zusehenden Verfall „profitiert“.

Verfall des ehemaligen Hertie-Kaufhauses in Meschede

Das Fensterglas fehlt, dafür gibt’s ein Loch im Boden. Der Verfall des ehemaligen Hertie-Kaufhauses schreitet voran.

Dort wo einst Karstadt, dann Karstadt Kompakt (ab 2005) und später Hertie (ab 2007) für ein wenig Großstadt-Ambiente inmitten der Sauerländer Provinz sorgte. Ein Kaufhaus in der Kleinstadt – das war schon im September 1980, als Karstadt seine Filiale in Meschede eröffnete, eine echte Rarität. Und natürlich auch eine Attraktion für auswärtige Kunden. Die Mescheder selbst spotteten zwar gerne über ihr „winziges“ Kaufhaus, dennoch scheint zumindest mittlerweile unumstritten, dass dieses eher eine Bereicherung als ein Defizit der Innenstadt gewesen ist – und sicherlich auch immer noch wäre.

Dies sollte man aus zwei Gründen betonen. Zum einen muss man wissen, dass der Bau des Warenhaus-Stadthalle-Komplexes in den späten 1970er Jahren keine ungeteilte Freude in der Kreisstadt hervorrief. Es gab sogar lautstarke Kritik, die aus heutiger Sicht zunächst überraschen mag. Die Befürchtung damals: Durch die neue Konkurrenz drohe zahlreichen Einzelhändlern die Pleite und so eine Verödung der Innenstadt. Interessanterweise kann man heute eine ganz ähnliche Diskussion mit deckungsgleichen Argumentationssträngen verfolgen – bei den wenigen Gegnern des Projekts Meschede-Center. Immer mehr glauben jedoch immer weniger an das „Wunder von Meschede“, also eine Reaktivierung des Gebäudes.

Hertie-Plakat im Schaufenster, Meschede

Die Scheibe bräuchte mal Wasser, aber die Farbe des Werbeplakats hält – und das seit 2009: Hertie gibt sein Bestes.

An einem Samstag, dem 15. August 2009, schließt Hertie für immer. Damit endet die 29-jährige Kaufhausgeschichte in Meschede. Nach dem Totalausverkauf vor fast sechs Jahren hat sich allerdings bis heute praktisch nichts Erkennbares an dem Objekt getan. Die Verhandlungen zwischen Eigentümern und Investor sind von Beginn an kompliziert – das eigentliche Hertie-Warenhaus gehört der insolventen britischen Investmentfirma Dawyn Day, Stadthalle und Tiefgarage dagegen der Stadt Meschede. Die verkündet schließlich Anfang 2013, dass die Immobiliengruppe Bövingloh das Eigentum an den leerstehenden Flächen übernommen habe.

Seitdem sind wieder zwei Jahre vergangen und angekündigte Termine für den Baubeginn tatenlos verstrichen. Es werden angestrebte Eröffnungstermine für das Meschede-Center vermeldet, hin und wieder gibt es Berichte über konkrete Mieter. Es kursieren Gerüchte und sogar halbherzige Bestätigungen zu bereits unterschriebenen Mietverträgen. Doch die Bautätigkeiten bleiben aus – vollständig. Nur in der Tiefgarage tut sich unterdessen etwas, sie wird geschlossen. Auf die stockenden Verhandlungen und ausbleibenden Bautätigkeiten angesprochen, winken mittlerweile selbst überzeugte Stammwähler der Mehrheitspartei entnervt ab. Hinter vorgehaltener Hand wollen nun Viele nie an eine Realisierung des Centers geglaubt haben.

Gebäude von Stadthalle und ehemaligem Hertie-Kaufhaus, Meschede

Der Weg in die Stadthalle führt derzeit durch ein Labyrinth von Bauzäunen auf dem Winziger Platz. Das abgebildete Wetter liefert übrigens keinen authentischen Eindruck der Szenerie.

Nun gibt es – den Bauzäunen sei Dank! – zum ersten Mal eine sichtbare Veränderung am Winziger Platz. Aber mit der Zeit sinken offenbar die Erwartungen: Die Reaktionen auf den nahenden Baubeginn fallen verhalten optimistisch bis ungläubig aus. Und mit der Zeit sinken offenbar auch die Ansprüche: In der Zeitung steht, dass man sich bei der Auswahl der Mieter besonders darum bemüht habe, die Wünsche der Bevölkerung zu berücksichtigen. Dass man den Meschederinnen und Meschedern deshalb einen Haushaltswaren-Discounter kurzerhand als heiß ersehnten Fachmarkt unterjubeln möchte, finde ich dann aber doch zum Schmunzeln.

Dieser kleiner Seitenhieb muss erlaubt sein – auch wenn ich das Projekt keinesfalls schlechtreden möchte, denn Meschede braucht das Center. Schließlich hat kaum etwas eine schlimmere Außenwirkung als ein menschenleerer Platz mit einem ebenso leerem Betonklotz – und das in bester Innenstadtlage.

Rückansicht von Stadthalle und ehemaligem Kaufhaus in Meschede

Hier an der Fritz-Honsel-Straße sollten eigentlich längst eine Brücke und der neue Eingang zu sehen sein.

Dennoch verbreitet sich stellenweise – und irgendwie wenig überraschend – ein neues Gerücht in der Stadt: Die Männer in orangefarbener Weste seien in Wahrheit nur Statisten, die Bauzäune nur ein Fake. Wahlweise bezahlt von der Stadtverwaltung, dem Bürgermeister oder einfach „denen da oben“ – um das gemeine Volk vorläufig zu beruhigen.

Tatsächlich ziehen bereits kurze Zeit nach der frohen Verkündigung des Baubeginns erneut dunkle Wolken über dem Winziger Platz auf. Laut einem Bericht des Sauerlandkuriers droht das gesamte Projekt überraschend zu platzen. Das unmittelbare Dementi des Bürgermeisters wirkt nicht so richtig überzeugend. Tatsächlich nur ein „Störfeuer“? Wer in welcher Weise und bewusst oder unbewusst Fehlinformationen liefert, scheint längst nicht (mehr) wirklich durchschaubar.

Seitdem herrscht jedenfalls wieder Funkstille in Sachen Meschede-Center. Neues hört und sieht man nicht vom angeblichen Baubeginn am Winziger Platz. Den Leerstand rahmen jetzt noch Bauzäune ein, geändert hat sich ansonsten nichts. Den Stillstand kann man übrigens per Webcam mitverfolgen. Und irgendwann – hoffentlich demnächst – auch den Baubeginn.

2 Kommentare

  1. Pingback: Umleitung: Rektor Piper, Public History, Peer (ja der), s[sic!]PD und andere Alliterationen, sowie als Klimax die generischen Feminina. | zoom

  2. uwe nolte

    Ich kann dem nur zustimmen das ist schon lächerlich was da der Bauplaner so abzieht anstatt mal aktiv was zu machen hält er die Füsse still, so wird das auch in den nächsten 1 Jahr und mehr nichts.

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