Die Mescheder Ratsherrn (und -frauen) sollen sich bei ihrem nächsten Zusammentreffen mit ihrer eigenen Dezimierung befassen (natürlich nicht im ursprüngliche Sinne des Begriffes). Denn nach dem Willen von Bürgermeister und Stadtverwaltung soll die Zahl der Bürgervertreter ab der kommenden Legislaturperiode auf 38 sinken. Bislang sitzen regulär 44, aufgrund von Überhangmandaten aktuell sogar 46 Mitglieder im städtischen Rat.
Die Idee dazu ist nicht neu. Bereits 2009 – unmittelbar nach der letzten Kommunalwahl – stellte die SPD-Fraktion einen entsprechenden Antrag auf Verkleinerung des Gremiums. Erst vor gut einem Jahr, im Dezember 2010, wurde der Vorschlag jedoch abgelehnt. Warum das Thema nun schon wieder auf der Tagesordnung steht, darüber kann man nur spekulieren. Möglicherweise liegt es daran, dass der Vorschlag diesmal aus einer anderen (politischen) Richtung kommt.
Die angedachte Schrumpfkur des Stadtrats macht Sinn. Die Bevölkerung der Kreisstadt sinkt und wird weiter abnehmen. Noch wichtiger aber ist, dass das ehrenamtliche Engagement abnimmt. Auch und gerade die politischen Organisationen bekommen dies zu spüren. De facto wird es zunehmend schwieriger, alle 22 Wahlkreise in der Kreisstadt mit Kandidaten zu bestücken. Auf lange kurze Sicht, wird es keine Alternative zu einer Verkleinerung des Rates geben.
Problematisch finde ich dagegen, den finanziellen Aspekt in den Vordergrund der Debatte zu stellen. Natürlich bedeuten weniger Ratsmitglieder auch weniger Kosten. Die Stadtverwaltung rechnet bei einer Reduzierung des Rates um sechs Sitze mit einer jährlichen Ersparnis von etwa 20.000 € – diese Summe erscheint durchaus realistisch. Auch die SPD-Fraktion begründete ihren Antrag von 2009 damit, dass man beim Sparen mit gutem Beispiel voran gehen wolle.
Diese Argumentationsweise ist sicherlich populär, aber auch populistisch. Denn Demokratie kostet nun einmal Geld. Das muss klar sein, und dazu sollte man stehen. Auch wenn das gegenüber einer Öffentlichkeit, die jede Form des politischen Engagements („die Politiker“) zunehmend kritisch sieht, nicht immer leicht fällt. Vielleicht müsste an dieser Stelle mehr Aufklärungsarbeit betrieben werden. Denn aus finanzieller Sicht lohnt sich ein kommunales Mandat sicher nicht.
Kommunalpolitiker sind ehrenamtlich tätig. Sie erhalten kein Gehalt, wohl aber eine finanzielle Aufwandsentschädigung. Deren Höhe ist nicht beliebig, sondern in einer entsprechenden Landesverordnung (EntschVO) geregelt. Dabei gibt zwei Möglichkeiten der Entschädigung. Variante A sieht einen monatlichen Pauschalbetrag vor. Variante B besteht aus einer monatlichen Grundpauschale zzgl. Sitzungsgelder. Die Stadt Meschede wendet letztere an.
Aktuell erhält ein einfaches Ratsmitglied demnach monatlich pauschal 169,00 € und einen zusätzlichen Betrag von 17,30 € je Sitzung. Variante A wäre übrigens nicht zwangsläufig günstiger – dann würde die Monatspauschale 256,50 € betragen. Davon sind 144 € monatlich, bzw. 1.728 € jährlich steuerfrei. Hinzu kommen ggf. Erstattungen für Fahrtkosten und Verdienstausfall. Darüber hinaus generieren einige Ratsmitglieder zusätzliche Einnahmen durch Posten in Aufsichtsräten (bspw. Sparkasse).
Das klingt zunächst einmal ganz lukrativ. Rechnet man die Aufwandsentschädigungen jedoch einmal auf die investierte (Frei)Zeit herunter, sieht es eher mau aus. Hinzu kommt, dass viele Ratsmitglieder einen nicht unerheblichen Teil ihrer Einnahmen an die Parteien abführen.
Des Geldes wegen lohnt sich ein Ratsmandat jedenfalls sicher nicht. Selbst wenn man seine Zeit im Rat nur „absitzen“ sollte. Was das betrifft, sollte man insbesondere bezüglich der Aufwandsentschädigungen mehr Transparenz gegenüber der Bevölkerung schaffen. Auf der Internetseite der Stadt Meschede findet man jedenfalls nichts Konkretes dazu und dass Kommunalpolitiker ihre Einnahmen durch die Mandatstätigkeit öffentlich (bspw. auf den Webseiten der Ratsfraktionen) aufschlüsseln, ist auch die Ausnahme. In Meschede geschieht dies gar nicht.
Eine Schrumpfkur für den Stadtrat ist notwendig. Nur sollte man diese nicht mit potenziellen Einsparungen begründen, sondern mit den gegebenen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen: Die Bereitschaft zu ehrenamtlichen Engagement nimmt ab, die Folgen des demografischen Wandels werden spürbar. Sparen könnte man in diesem Bereich übrigens auch unabhängig von einer Ratsverkleinerung – am Verwaltungsaufwand für die Ratsmitglieder. So werden bspw. die Vorlagen und Einladungen zu den einzelnen Sitzungen nach wie vor auf Papier und per Briefpost verschickt. Dabei unterhält die Kreisstadt ein Bürger- und Ratsinformationssystem, dass dies eigentlich weitestgehend überflüssig macht.
UPDATE (07.02.2012)
Die UWG hat mittlerweile einen Antrag auf Absetzung des Tagesordnungspunktes gestellt. Auch die Wählergemeinschaft stellt sich offenbar die Frage, warum das Thema Ratsverkleinerung erneut zur Diskussion steht. Andererseits wird damit aber auch klar, dass die UWG zumindest auf absehbarer Zeit eine Dezimierung des Rates verhindern will.
UPDATE (10.02.2012)
Die Mescheder Stadtrat hat seine Verkleinerung unterdessen beschlossen. Aber 2014 hat das Gremium damit sechs Sitze weniger.
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